Vor langer Zeit ging ein König zusammen mit seinem Leibarzt auf die Jagd. Dabei verletzte sich der König den Finger und der Arzt versorgte die Wunde und verband sie.
Der König fragte: „Aber das wird doch wieder gut, oder?“
„Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?“, antwortete der Arzt. Die Jagd wurde fortgesetzt.
Zurück im Palast des Königs, verschlechterte sich der Zustand des Fingers und der Arzt nahm den Verband ab und reinigte die entzündete Stelle. Der König erkundigte sich erneut, ob mit dem Finger wieder alles gut werde. Wieder erhielt er die Antwort: “Gut, schlecht, wer weiß das schon.” Der König wurde allmählich etwas ängstlich. Und das nicht ohne Grund. Denn schon drei Tage später war der Finger so schlimm entzündet, dass er amputiert werden musste. Der König war völlig aufgebracht und ließ den Arzt in den Kerker werfen und fragte ihn: “Und, was denkst du nun darüber, hier im Gefängnis zu sein?”
Der Arzt antwortete wie gewohnt: “Im Gefängnis, eure Majestät? Gut, schlecht, wer weiß das schon?“ und zuckte mit den Achseln. “Der ist ja nicht nur unfähig, sondern auch nicht ganz bei Trost”, dachte der König.
Ein paar Tage nach der Amputation seines Fingers ging der König wieder in den Wald, um zu jagen. Dieses Mal verirrte er sich und wurde von Waldbewohnern gefangen genommen. Sie wollten ihn den Göttern opfern, aber als deren Oberhaupt sah, dass der König nur neun anstelle von zehn Fingern hatte, lehnte er ihn als Opfer ab, da er für die Götter nicht vollkommen genug war. Anstelle dessen schenkte er dem König die Freiheit.
Dieser kehrte sogleich in seinen Palast zurück und ließ den Arzt aus seiner Zelle im Kerker holen. Er sagte zu ihm: “Ich habe euch schon für dumm gehalten, wegen diesem ganzen ‘Gut, schlecht, wer weiß das schon.’ Aber nun weiß ich, dass du recht hattest.” Der Arzt hörte geduldig und aufmerksam zu.
“Es ist gut, was mit meinem Finger passiert ist, das hat mir mein Leben gerettet.”, sagte der König zum Arzt. “Aber es war schlecht, dass ich dich ins Gefängnis werfen ließ!” Und darauf erzählte er dem Arzt was ihm widerfahren war und entschuldigte sich. Am Ende jedoch antwortete der Arzt :“Mein König, wenn du mich nicht ins Gefängnis geworfen hättest, wäre ich mit dir auf Jagd gegangen und ebenfalls gefangen genommen worden. Und im Gegensatz zu dir, meine Majestät, habe ich noch alle zehn Finger!.”
Der König dachte einen Augenblick lang nach und allmählich dämmerte es ihm: “Gut, schlecht, wer weiß das schon?”
Frei nach Ajahn Brahm aus dem Buch „Die Kuh, die weinte“
„Gut, schlecht, wer weiß das schon“ ist eine wunderbare weise Kurzgeschichte, die zeigt, dass es oftmals besser ist, Situationen und Umstände nicht zu bewerten, sondern sie einfach nur zu beobachten und hinzunehmen. Im Nachhinein ist man oftmals schlauer und versteht, warum bestimmte im Dinge passieren.
Wie gehst du mit Situationen und Umständen um? Reagierst du schnell und machst andere dafür verantwortlich?
Wir freuen uns über einen Austausch mit dir. Hinterlass doch gerne einen Kommentar oder schreibe uns eine Nachricht über das Kontaktformular.
Falls dir diese Kurzgeschichte gefallen hat, dann wird dich sicher auch diese oder diese zum Nachdenken anregen. Und noch mehr Kurzgeschichten findest du hier. Viel Freude beim Durchstöbern und Lesen!
Alles Liebe, dein Menschenfreund Team.
0 Kommentare