Loslassen die Königsdisziplin des Lebens.

Georg Kirschstein

Zeit heilt keine Wunden. Loslassen heilt Wunden.

Es ist die Notwendigkeit, die dem Großteil der Menschen immer wieder starke Probleme und großes Leid beschert.

Lebensabschnitte, Vorstellungen, Gegenstände, Zustände, Gewohnheiten, Süchte, Ängste, Tiere, Freunde, Partner, Gedanken, eine Umgebung, Verhaltensweisen…

Ohne das Loslassen geht nichts im Leben.

Loslassen darf nicht mit verdrängen verwechselt werden.
Und Loslassen bedeutet nicht, etwas zu vergessen.

 Loslassen ist die Akzeptanz den fluss des Lebens anzunehmen.

Alles kommt und geht.

Loslassen ist eine Kunst und eine Notwendigkeit.
Loslassen ist Platz für Neues schaffen.
Loslassen ist der Anfang von etwas Neuem.
Loslassen ist mit der Zeit zu gehen.
Loslassen ist Leben und Entwicklung.
Loslassen ist Lebensfluss und Glück.
Loslassen ist Vertrauen.
Loslassen ist Befreiung.
Loslassen ist Balance.

Und die Akzeptanz der Veränderung.

Ein Leben ohne Veränderung und naturbedingt ohne das Loslassen geht also nicht.

Ohne Dinge loszulassen drehen wir uns im Kreis und treten auf der Stelle.

Wir Menschen wollen gerne schöne Dinge, wunderbare Momente, tolle Gefühle, sichere Orte und liebenswerte Menschen festhalten.

Nicht selten kauen wir dadurch das schöne solange aus, bis es nicht mehr schön ist oder sich gar zum negativen wendet.

Nicht selten sorgt das Klammern dafür das es sich verändert.

Und oft lassen wir auch störendes, hinderliches und sogar krankmachendes nicht los. (Wie zum Beispiel: Falsche Glaubenssätze, alte Denkweisen und Angewohnheiten, alten Kram, alte Liebe, alte Verletzungen, negative Eigenschaften, Menschen die uns nicht wirklich gut tun.)

Der Mensch will nicht gehen lassen was er meint zu brauchen. Manchmal würde man gerne gehen lassen aber die Ängste blockieren es. Und nicht selten will ein Teil in uns, die Veränderung aber ein anderer nicht.

Meist ist dies der Zustand Kopf gegen Herz. Oder es ist gewohntes gegen unbekanntes. Oder Sicherheit gegen Risiko.
Und manchmal auch Bequemlichkeit gegen Aufwand.

Und meistens von allem etwas.

Ängste spielen hierbei eine sehr große Rolle. Zum Beispiel die Angst vor dem Unbekannten. Die Angst vor dem Mangel. Die Angst vor Einsamkeit….

Wie äußert sich das Problem?

Ein schlimmer Zustand ist es zum Beispiel, den Moment nicht loslassen zu können aber gleichzeitig ihn auch nicht bewusst leben zu können. Also nicht im hier und jetzt zu sein aber auch Angst vor dem nächsten Moment zu haben.

Ein unschönes Beispiel ist es auch den Partner nicht mehr zu lieben aber gleichzeitig auch nicht loslassen zu können.

Oder das was einen zerstört und unglücklich macht nicht loslassen zu können, weil man parallel denkt, es brauchen zu müssen um…

Generelle Probleme mit dem Loslassen können auch in Einsamkeit und Isolation enden.
Man kann zu einem Zurückgezogenen oder hektischen Menschen werden, der Angst vor Bindungen hat, ständig Veränderung braucht und schnell vor Dingen Orten Menschen und Situation davon rennt.

Oder aber man kann nie ohne Partner, klammert, engt seine Mitmenschen ein, ist krankhaft eifersüchtig, wird zum Messi, hält sich an Süchten fest. All das kann unruhig, unglücklich und depressiv machen.

Ja ich glaube zwischen diesen Extremen Seiten der Medaille, des Loslassens, findet sich so gut wie jeder, zumindest hin und wieder, ein bisschen wieder. Jeder hat es mal schwer loszulassen. Manche öfter, manche seltener, manche mehr, manche weniger. Und nicht wenige verzweifeln daran.
Auch wenn man in manchen Situationen besser loslassen konnte, so kann es immer wieder mal in individuellen Situationen schwieriger sein. Es kommt immer auf die Situation, dass was es gilt loszulassen und auf die eigene momentane Verfassung an.

Loslassen polarisiert.

Es geht auch soweit, das Menschen sich nicht einmal mehr trauen neue Menschen oder auch Tiere wieder in ihr Leben zu lassen, aus Angst sie irgendwann wieder loslassen zu müssen oder losgelassen zu werden.

Die Angst vor dem erneuten Loslassen ist groß, deshalb lassen sich viele gar nicht erst wieder auf etwas ein.

Ja das andere Extrem und Problem mit dem Thema ist also das übermäßige loslassen.

Auch hierbei ist man nicht im Fluss des Lebens. Man möchte alles beschleunigen man kann den Istzustand im hier und jetzt kaum aushalten. Man kann sich nicht binden aus Angst vor dem Loslassen. Vielleicht wirft man auch schnell das Handtuch, läuft davon und braucht stetig Veränderung.

Auch ist es möglich, das betroffene Menschen beim kleinsten Zweifel alles dafür tun den Partner zu verlassen und loszulassen, aus Angst dass er sie verlassen könnte. Lieber machen Sie den Schritt um sich auf das Loslassen vorbereiten zu können sowie nicht auch noch den Schmerz des Verlassenwerdens zu haben.

Jeder Mensch, ist er noch so Bindungsabgeneigt und Alleinseins verliebt, möchte innerlich Liebe Geben und nehmen. Das ist ein großer Sinn unseres Lebens und unsere Natur.

Besonders schwer ist das loslassen von Menschen.

Im Laufe seines Lebens begegnet man einigen wunderbaren und passenden, liebenswerten Menschen.

Diese möchte man natürlich nicht loslassen. Zumindest nicht solange sie weiterhin passend für den eigenen Weg und das eigene Herz sind.

Doch jeder wird mal verlassen und Geliebte Menschen verlieren. Auch das ist Leben.

Wer andere loslassen möchte muss auch seine spezifischen Gedanken loslassen.

Zum Beispiel: Der unwahre Gedanke „ich kann ohne Sie/Ihn nicht leben“ muss losgelassen werden.

Loslassen von ganzem Herzen ohne zu vergessen.

Das Herz kann oft sogar schneller loslassen als der Kopf denn das Herz ist im Fluss des Lebens es weiß was richtig für uns ist. Es trauert nur stärker als der Kopf deshalb ist der Herzschmerz da. Aber genau dieses trauern ist verarbeiten und überwinden.

Wer dies nicht tut verdrängt und wird immer wieder von dem unverarbeitetem eingeholt werden.

Je länger man an etwas oder jemanden gewöhnt ist, desto mehr Erinnerungen und Verknüpfungen bilden sich im Kopf. Und desto schwerer wird es auch im Kopf loszulassen.

Gibt es in der Beziehung eine starke Enttäuschung oder Verletzung. Oder viele kleine Verletzungen über längere Zeit, lebt man sich auseinander oder hört man auf sich zu lieben, so kann es darin münden dass man im Herz und im Verstand weiß loslassen zu müssen, einen jedoch die vielen Verknüpfungen und die Gewohnheit davon abhalten.

Das Herz weiß das es richtig ist loszulassen der Verstand weiß es vielleicht auch, doch ein anderer Teil hängt weiter am gewohnten.

Dies kann zum Beispiel die sonst so wertvolle Hoffnung sein, die uns hoffen lässt dass es wieder besser wird, die Liebe wieder stärker wird.

Manchmal sind die Ängste so groß, dass der Schritt des aktiven loslassen nicht vollzogen wird selbst wenn man emotional schon längst losgelassen hat.

Klar ist der Schmerz größer, wenn man selbst verlassen oder abgelehnt wurde. Der abgelehnte oder verlassene hat im Vergleich zu dem Verlassenden, oft nicht die Chance sich auf das Loslassen vorzubereiten.

Das Loslassen wird also erzwungen, man wird manchmal überrumpelt und der Schmerz des Verlassenseins nagt an einem. Außerdem zweifelt man an sich selbst in dem Moment.

Was hat man falsch gemacht?
Womit habe ich das verdient?
Bin ich nicht richtig so wie ich bin oder gehandelt habe?

Und man grübelt und malt sich die Situationen oder Worte aus die vielleicht dazu geführt haben.

Aber, verlassen zu werden bietet viele große Chancen. Jeder kann daran wachsen. Ich kenne niemanden der nicht schon mal verlassen oder zumindest abgelehnt. Und alle leben sie noch, ja viele scheinen recht zufrieden zu sein.
Wir alle haben die erste große Liebe überwunden und losgelassen.

Ärgere dich nicht das es vorbei ist, sondern lächle weil es schön war. Es werden wieder schöne Momente kommen.

Wir verharren, wir schieben auf wir halten fest und klammern.
Zuneigung und verlangen nach Sicherheit ist menschlich. Aber klammern ist ein Fehler.

Warum fällt es uns so schwer loszulassen?

Ohne die Bindung und Nähe zu unserer Mutter oder wenigstens zu anderen Menschen als Baby, würden wir sterben. Wir brauchen einen Bezug eine Bindung eine Sicherheit Zuneigung und im besten Fall natürlich Liebe.

Auch als Kind ist alles neu und wir bekommen ständig neues hinzu. Wir denken es gehts so weiter.

Loslassen müssen wir erst anfangen zu verstehen und zu lernen.

Später im Leben werden wir Menschen uns unser Vergänglichkeit und der Tatsache andere zu verlieren bewusst.

Ein Mangel an Zuneigung in der Kindheit kann auch später die Wahrscheinlichkeit von Ersatzbezügen erhöhen. Man sucht besonders stark etwas was für einen da ist, zum Beispiel eine Sucht, materielle Dinge oder andere Menschen.

Wurde man gar von einem Elternteil verlassen, so kann der Bezug zum Loslassen extrem gestört sein.

Doch generell ist das Loslassen etwas das allen Menschen nicht einfach fällt.

Wir wollen nicht verlieren, sondern gewinnen.

Die Liebe und das Bedürfnis danach steckt in allen Menschen.
Und alles was mir mit Liebe behafteten wollen wir natürlich nicht verlieren.

Nichts kann einen so sehr verletzten wie das was man denkt brauchen zu müssen oder das was man liebt. Je mehr wir glauben jemanden oder etwas für unsere Erfüllung oder unser Selbstvertrauen zu brauchen je schwerer tun wir uns damit es loszulassen.

Nicht leicht ist es loszulassen was, man sich angewöhnt hat.
Schwer fällt es loszulassen was man glaubt zu brauchen.
Schwerer fällt es loszulassen was einen liebt.
Am schwersten fällt es loszulassen was man selbst liebt.

Auch Ängste besitzt jeder Mensch und Ängste blockieren uns manchmal so das wir uns nicht trauen altes loszulassen.

Wer sein Leben lang keine Probleme mit dem loslassen hat, ist entweder Superman oder hat eine Gefühlskrankheit.

Ja es ist eine wahre Königsdisziplin unseres Daseins.
Wir alle müssen uns Ihr stellen.

Altes muss gehen um neuem Platz zu machen, das ist Natur und Lauf der Dinge.

Nein, Zeit heilt keine Wunden.
Nur das richtige loslassen macht es.
Und je schneller wir das richtige verdrängungslose Trauern und Loslassen beherrschen, desto schneller sind Wunden geheilt.

 

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3 Kommentare

  1. Sven.B

    Toller Artikel, der einem sehr nahe bringt, worum es im Leben wirklich im Leben geht. Es ist ein stetiges Kommen und gehen. Jedoch ist es wirklich sehr schwer, los zu lassen. Vieles ist ja auch über Jahre bewährt. Zwar merkt man, das einiges nicht mehr so funtioniert, oder harmoniert wie „früher“, jedoch ist es ja auch ein Teil unserer Geschichte und diese loszulassen ist äusserst schwer.

    Antworten
    • Georg

      Vielen Dank Sven. Ja das stimmt. Und es ist wahrlich eines der schwersten Themen im Leben, eine wahre Königsdisziplin. Mal gelingt es mehr und mal weniger. Ich hoffe dir gelingt es gut. Alles gute dir.

      Antworten
      • Anonymous

        Ich fand den Artikel auch super. Habe mich ein Stück weit selbst erkannt. Trauere momentan auch. Es tut gut , zu wissen, Nicht alleine zu sein.

        Antworten

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