Aaaach, heute ist mal wieder so ein Tag, an dem ich einfach nicht zufrieden bin mit mir selbst. Und dann schmeißt mir das Leben auch noch Steine zwischen die Beine, wo es nur geht: Ich werde angemeckert, ignoriert und dann bekomme ich auch noch den Vorwurf, nur an mich selbst zu denken (Stimmt ja auch! Aber, menno!, mir geht’s eben mies heute 😉 )
Kurzum, ich hadere mal wieder mit meinem Menschsein.
Um mich abzulenken, habe ich diesen Begriff mal schnell gegoogelt. Und stoße dabei auf den guten alten Goethe. Auch seinem Faust scheint es schon ähnlich gegangen zu sein wie mir. (Und Goethe selbst wahrscheinlich auch. Sonst hätte er dem Faust diese Wort wohl nicht so treffend-poetisch in den Mund legen können 😉 )
Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
die eine will sich von der andern trennen:
Die eine hält in derber Liebeslust
sich an die Welt mit klammernden Organen;
die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
zu den Gefilden hoher Ahnen.
(Faust 1, Vers 1112 – 1117)
Der Mensch und seine Menschlichkeit widersprechen sich teilweise. Denn in jedem von uns stecken Gut und Böse. Steckt der Wille anderen zu helfen und gleichzeitig eine gehörige Portion Egoismus.
Der starre Blick auf den eigenen Vorteil überlagert so oft das Mitgefühl für den Anderen. Unsere eigenen Bedürfnisse halten uns so oft fest im Griff, dass einfach kein Raum da ist, auf andere zu achten. Unsere eigene Bedürftigkeit lässt uns so schnell übersehen, dass andere genauso Hilfe benötigen.
Das Verfolgen unserer eigenen Ziele setzt uns Scheuklappen auf.
Die Angst vor dem Fremden und Unbekannten verleitet so so oft zu unmenschlichen Emotionen und Handlungen. Die doch auch wieder so menschlich sind.
Wie oft werten wir etwas oder jemanden ab, weil wir es bzw. ihn einfach nicht verstehen oder nicht einschätzen können…
Wie nah liegen Selbstabwertung und Selbstüberhöhung beineinander…
Aber was für mich die Essenz von Fausts Worten ist:
Ein Teil von ihm liebt das Leben (hier in diesem menschlichen Körper)
und ein Teil von ihm hasst es zugleich (und wäre am liebsten dort, wo die Seelen der Ahnen ruhen).
Ich denke, man sollte zweiteres, die Schattenseiten und das Negative so gut es geht annehmen. Und wann immer es möglich ist, sich auf die Mitmenschlichkeit, die Nächstenliebe, auch die Liebe zu sich selbst und die Sonnenseite des Lebens fokussieren 🙂
Liebe Karen,
du hast einen schönen, einfühlenden Text geschrieben. Allerdings bin ich nicht ganz deiner Meinung, “ … die Schattenseiten und das Negative an(zu)nehmen so gut es geht,“ -bringt uns noch nicht wirklich weiter. Es lauert sogar eine Gefahr dahinter, denn negative Gedanken und Gefühle können leicht die Oberhand gewinnen. Sie suchen (und finden) ständig neue Nachrung und wenn man ihnen nicht konzentriert und konsequent etwas entgegensetzt, landet man schließlich bei dem, was man sich selbst in seinen negativen Gedankengebäude entwickelt hat. Positive Gedanken und Gefühle zu entwickeln, Achtsamkeit, Einfühlungsvermögen und Mitgefühl mit uns selbst und unserer Umwelt weiter zu entwickeln, damit kann man jeden Tag neu beginnen und negative Gedanken und Gefühle in ihre Schranken verweisen
Kurt-M. Konnow
Lieber Kurt,
vielen Dank für deinen Kommentar. Oh ja, du hast Recht. So wie ich es in dem kurzen Text formuliert habe, ist das tatsächlich missverständlich… Auf keinen Fall darf unser Schatten und negatives Denken die Oberhand gewinnen!
Ich meinte das mit mit dem Annehmen mehr im Sinne von einem Anerkennen „Aha, ich habe da auch Negatives oder sogar Destruktives in mir“. So im Sinne des Focusing: Ich gebe bewusst z.B. negativen Gefühlen INNERLICH Raum – gerade um sie nicht ÄUSSERLICH ausagieren zu müssen. Und dann entsteht Raum für das Positive und Konstruktive.
Ich persönlich habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber da ‚funktioniert‘ jeder Mensch sicherlich sehr individuell.
Dementsprechend freue ich mich, dass du deine Erfahrungen mitteilst 🙂 (Der Menschenfreund-Blog soll ja schließlich auch zum Austausch dienen, wie wir unser Mensch-Sein möglichst gut und zum Wohle unserer gesamten Spezies bzw. aller Lebewesen auf unserem Heimatplaneten Erde ausgestalten können 😉 )
Herzliche Grüße
Karen